Bei den sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten” handelt es sich um ein umstrittenes Konzept der Migrationspolitik. Wir erklären, was sich dahinter verbirgt und worin die Kritik daran besteht.

Ein Land gilt als „sicheres Herkunftsland”, wenn dort grundsätzlich keine staatliche Verfolgung zu befürchten ist und der Staat den Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung gewährleisten kann. Relevant für die Einstufung sind das politische System, die Rechtslage und die allgemeinen politischen Verhältnisse. Welches Land als „sicheres Herkunftsland” eingestuft wird, entscheiden der Bundestag und Bundesrat 1.

Aktuell gelten in Deutschland (abgesehen von den EU-Mitgliedstaaten) folgende 10 Länder als „sichere Herkunftsstaaten” 1.

  • Albanien
  • Bosnien und Herzegowina
  • Georgien
  • Ghana
  • Kosovo
  • Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik
  • Montenegro
  • Republik Moldau
  • Senegal
  • Serbien

Die Einstufung eines Herkunftsstaates als „sicher“ hat direkte Auswirkungen auf das Asylverfahren der Schutzsuchenden: Es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass ihnen keine Verfolgung droht. Schutzsuchende aus diesen Ländern stehen daher unter erhöhter Beweispflicht – sie müssen glaubhaft und detailliert nachweisen, dass ihnen im individuellen Fall dennoch Gefahren drohen 1. In der Praxis führt die pauschale Einstufung als „sicher“ häufig dazu, dass individuelle Fluchtgründe weniger sorgfältig geprüft werden. Wird ihr Asylantrag abgelehnt, kann die Abschiebung schneller durchgeführt werden als in anderen Verfahren 2.

Die Kritik am Konzept der „sicheren Herkunftsländer” ist groß. Der Prozess der Einstufung wird als intransparent und einseitig bezeichnet, da nicht alle Informationsquellen berücksichtigt werden 3,4. Zudem haben Gerichte die Einstufung einzelner Länder (z.B. Georgien und Moldau) als unrechtsmäßig zurückgewiesen 5,6. Migrationspolitisch dient die Einstufung der „sicheren Herkunftsländer” zur Abschreckung und zur Begrenzung von Fluchtmigration 3.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Konzept der „sicheren Herkunftsländer” dem Einzelfall nicht gerecht wird. Die neue Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag die Ausweitung der „sicheren Herkunftsländer” angekündigt. Künftig sollen Algerien, Indien, Marokko und Tunesien als sicher gelten 7. All dies verdeutlicht die aktuelle restriktive Asylpolitik.

1 BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Sichere Herkunftsstaaten

2 Sichere Herkunftsstaaten | bpb.de

3 »Sichere« Herkunftsstaaten | PRO ASYL#

4 Die Lotterie der sicheren Herkunftsländer

5 Warum Georgien kein sicherer Herkunftsstaat sein kann – VG Berlin weist Bundesregierung zurecht | PRO ASYL

6 Informationsverbund Asyl & Migration - Details

7 Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD

 

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