

Die Jugendarbeit ist häufig ein Abbild der Gesellschaft, so auch beim Thema LGBTQAI+. Sprüche wie „Ich hab nichts gegen Schwule, aber die sollen mich halt in Ruhe lassen“ oder „Warum muss denn überall eine Regenbogenflagge sein?“ hören auch wir regelmäßig. Eltern und Lehrkräfte machen sich Sorgen, dass Angebote zur sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt zu früh seien und den Kindern etwas vorschreiben würden. Queere Bildung findet sich aber neben Projekten und Angeboten der Schulsozialarbeit auch im Bildungsplan zum Beispiel in den Fächern Bio, Gemeinschaftskunde und Geschichte. Andere Angebote, wie zur Gewaltprävention, Soziales Miteinander, Gesundheit oder Suchtprävention, rufen diese Unsicherheiten nicht hervor.
Die Gruppe der queeren Personen ist keine kleine Minderheit. Zwar lebten 2021 in der Generation der Baby Boomer, der bis 1964 Geborenen, lediglich vier bis fünf Prozent offen queer. Allerdings steigen die Zahlen mit jeder Generation an. In der GenZ (ab 1997) identifizierten sich laut Sozialforschungsinstitut bereits 22 % als queer oder einen der darunter fallenden Selbstzuschreibungen. Die Stimmung in der Gesellschaft, und somit auch in der Jugend, wendet sich dennoch aktuell wieder etwas von der Vielfalt weg. Abwehrhaltungen werden offen kommuniziert wie hass und Hetze, auf Demonstrationen für Vielfalt und gegen Diskriminierung finden Angriffe statt. In Schulen beobachtet werden vor allem Abwehrhaltungen, Beleidigungen und Ausgrenzungen.
Regenbogenflagge und Angevote zur Diskriminierungssensibilisierung
Wie ernst das ist und werden kann, zeigt die Polizei-Statistik: Straftaten und Gewalttagen gegen die sexuelle Orientierung in Deutschland sind von 1499 im Jahr 2023 auf 1765 im Jahr 2024 gestiegen. Davon waren 17 durch linke Kriminalität, 28 durch religiöse Ideologien, 64 durch ausländische Ideologien, aber 718 durch rechte Kriminalität verschuldet; alle anderen wurden Sonstigem zugeordnet.
Der Fachbereich der Sozialen Arbeit, wie auch die AWO Stuttgart bilden mit ihrer Haltung für Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz bereits die Basis dafür, sich als Fachkraft vor Ort und mit dem Klientel der Diskriminierung entgegen zu stellen und für Betroffene einzusetzen. Dies kann durch scheinbare Kleinigkeiten, wie das Aufhängen einer Regenbogenflagge im Büro, durch Angebote zur Diskriminierungssensibilisierung oder Empowerment-Gruppen, Informationsabende für Eltern und Sorgeberechtigte und viele weitere Möglichkeiten in der Schulsozialarbeit, bzw. auch in der Jugendhilfe allgemein umgesetzt werden. Aber auch bei der alltäglichen Kommunikation ist es wichtig, sich dem Hass und der Hetze entgegen zu stellen, damit sie sich nicht weiter entfalten kann.
Offene Kommunikation ist sehr wichtig
An der Raichberg-Realschule awerden unterschiedliche Projekte der „Regenbogen.Bildung“ (www.regenbogenbildung.de) umgesetzt. Dabei werden andere Fachkräfte an der Schule in Sachen Beratung aufgeklärt. In den vergangenen vier Jahren wurden Aufklärungsprojekte zu den verschiedenen Buchstaben (LGBTQIA+) mit den siebten Klassen durchgeführt. Zum Umgang mit Queerness, Kultur und Religion gab es Seminare mit den zehnten Klassen, Elterninfoabende zu den Projekten und der queeren Bildung allgemein sowie ein offenes Empowerment-Angebot.
Dabei sind die Schulsozialarbeiter*innen immer wieder mit Haltungen gegen Queerness konfrontiert. Dies werde als Gesprächsmöglichkeit nutzen, die Sichtweisen der Jugendlichen in ihrer Lebenswelt zu kennen und diese mit der toleranten und menschenrechtlichen Haltung in Verbindung bringen. Auch, wenn Meinungen verschieden sind, ist es möglich, klare Haltung gegen Diskriminierungen und Hass zu zeigen und im Gespräch zu bleiben. Darüber hinaus ist vor allem die offene Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern, die selbst queer sind, gerade in einer Findungsphase stecken, betroffene Personen in ihrem Umfeld haben oder sich einfach offen für Queerness aussprechen sehr wichtig. Das zeigt, wie wertvoll die kleinen und großen Schritte in der Schulsozialarbeit sind.
Ronja Ebner,
Schulsozialarbeit Raichberg-Realschule Stuttgart